Gesundheitspolitik nach der Krise

von Sascha H. Wagner, gesundheitspolitischer Sprecher, DIE LINKE. NRW

Sascha H. Wagner

Die allgemeine Wahrnehmung das die Krise vorbei ist, wird sich zunächst in der breiten Bevölkerung darauf beschränken, dass die Covid19-Pandemie abgeflacht sein wird. Das allgemeine Empfinden mit den einhergehenden Lockerungen des Lockdowns im Alltag der Menschen wird dazu beitragen nach den bisherigen Einschränkungen möglichst schnell wieder zum »normalen Alltagsgeschehen« übergehen zu wollen.

Die Auswirkungen der sog. Corona-Krise werden jedoch um ein Vielfaches gravierender ausfallen, als man es sich allgemeinhin derzeit vorstellen kann. Allein die ökonomischen Umwälzungen in der Republik und in der EU sind gewaltig.

Prognosen zufolge wird Deutschlands Wirtschaftsleistung im Gesamtjahr 2020 um rund sechs Prozent einbrechen.1, 2

In der Gesundheitspolitik kann DIE LINKE glaubwürdig einen Beitrag zu einer fortwährenden Debatte um die Versorgungsstrukturen des Gesundheitssystems leisten. Die Krise zeigt der Bevölkerung nunmehr wie wichtig und notwendig ein gut ausgebautes Gesundheitsnetz ist. Hier hat DIE LINKE seit jeher eine berechtigte Kritik an den Privatisierungsprozessen im Gesundheitssystem formuliert.

Kontaktverbote, Ausgangssperren, HomeOffice, Schließung von Schulen und Geschäften: Die Maßnahmen sollen die Überlastung der Krankenhäuser verhindern. Die Corona-Pandemie trifft auf ein runtergewirtschaftetes Gesundheitssystem. Krankenhäuser wurden geschlossen oder privatisiert, Betten und Personal abgebaut. Erst im vergangenen Jahr hat die Bundesregierung die Ausgaben für Gesundheit gekürzt – alle anderen Bereiche wurden aufgebaut, auch die Bundeswehr. Seit 1991 wurden 170.000 Krankenhausbetten abgebaut. Diese Betten fehlen jetzt! Wir hatten im vergangenen Jahr, also schon vor dem Ausbruch der Corona-Krise, die Situation, dass in Deutschland 37 %   aller Krankenhäuser zeitweise ihre Intensivstation abgemeldet haben, weil sie - und zwar ausdrücklich - weil sie zwar Intensivbetten hatten, aber kein entsprechend geeignetes Pflegepersonal. Es klemmt vor allem beim Pflegepersonal. Das heißt jeden Tag schon hatten wir schon unter Normalauslastungsbedienung die Situation, dass 1/3 der Betten quasi aus der Versorgung heraus abgemeldet wurden.3

Die bisherigen Pläne der schwarz-gelben Landesregierung zur Reduzierung der Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen fordert daher unseren gesamten Widerstand. Dies können wir außerparlamentarisch, als auch kommunalpolitisch massiv unterstützen.

Fünf Punkte sollten dazu ein Schwerpunkt linker Kampagnenarbeit4 sein:

  • Alle Beschäftigten in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen – auch das Reinigungs- und Küchenpersonal – brauchen sofort eine Corona-Zulage von 500 Euro im Monat.
  • Die Grundgehälter in der Pflege müssen dauerhaft um 500 Euro im Monat angehoben werden. Diese Arbeit ist lebenswichtig und systemrelevant, sie muss auch so bezahlt werden.
  • Alle Beschäftigten müssen vom Arbeitgeber mit Schutzkleidung und Schutzmasken ausgestattet werden!
  • Ein gesetzlicher Personalschlüssel (Personalbemessung) wird aufgestellt, der sich am tatsächlichen Bedarf in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen bemisst.
  • In den Gesundheitsämtern wurde in den vergangenen Jahren die Zahl der Ärzt*innen um ein Drittel reduziert. Sie müssen ausreichend finanziert werden, damit sie ihre Aufgaben zum Schutz der Bevölkerung übernehmen können – nicht nur in der Krise, auch im Normalbetrieb.

Die Linksfraktion im Bundestag hat ebenfalls am 20. März d.J. ein Positionspapier5 beschlossen, welches im Gesundheitsbereich noch eine weitere Forderung hervorhebt:

  • Keine Profitmacherei der Pharmaindustrie in Corona-Krise: Medikamente und Testverfahren, die mit Unterstützung von Steuergeldern entwickelt werden, müssen zu einem angemessenen Preis verkauft werden. Bei Verstößen ist die Möglichkeit zu schaffen, den Pharmaherstellern die Patente zu entziehen. Außerdem sollten Produktionskapazitäten in Deutschland für einen zukünftigen Impfstoff sichergestellt werden.

Diese Forderung muss primär auf der Bundesebene forciert werden.

Auf der LV-Ebene hat DIE LINKE. NRW bereits weitgehende Beschlüsse gefasst, die sich somit gut in eine weitergeführte Kampagne einbinden lassen:

DIE LINKE. NRW unterstützt die „Volksinitiative Gesunde Krankenhäuser in NRW – für ALLE!“

 und die „Initiative Regionale Krankenhausstruktur erhalten“

  1. DIE LINKE. NRW unterstützt die Forderung der „Initiative regionale Krankenhausstruktur erhalten“ an die Landesregierung Nordrhein-Westfalens: Die Landesregierung soll, gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemie-Erfahrungen, umgehend einen Prüfauftrag an unabhängige Sachverständige zu erteilen bezüglich des Gutachtens zur Neugestaltung der Krankenhauslandschaft in NRW. DIE Initiative und auch DIE LINKE. NRW fordern, das vorgelegte Gutachten von Beraterfirmen als Entscheidungsgrundlage für das neue Krankenhausplangesetz zurück zu ziehen.
  2. DIE LINIKE.NRW unterstützt die Volksinitiative NRW: Gesunde Krankenhäuser in NRW – für ALLE!
  • vollfinanziert = ein Sofortprogramm zur Behebung des Investitionsstaus bis 2024 und ab sofort die vollständige Refinanzierung der Investitionskosten durch das Land NRW
  • wohnortnah und bedarfsorientiert = den Erhalt aller Kliniken und eine intensive Analyse und ausreichend Zeit, um einen Krankenhausplan NRW zu erstellen
  • durch gute Arbeitsbedingungen – mehr Personal in Krankenhäusern und eine gesetzliche Personalbemessung!
  • ohne Profite auf Kosten unserer Gesundheit – die Abschaffung der Fallpauschalen und die Wiedereinführung des Selbstkostendeckungsprinzips! 6
     

Zum Hintergrund:

Schon lange fordern die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Deutsche Pflegerat und die Gewerkschaft ver.di eine gesetzliche Personalbemessung für Krankenhäuser. Ausgehend von der Berliner Charité gab es auch in NRW an den Unikliniken Düsseldorf und Essen Streiks für mehr Personal. Das waren die Vorkämpfe für eine angemessene Personalausstattung in den Kliniken. Von Anfang war klar, das Ziel ist eine gesetzliche einheitliche Personalbemessung für alle Krankenhäuser. Eine ausreichende Finanzierung aller Kliniken, die Abschaffung der ungleichen Vergütung sowie Über- Unter- und Fehlversorgung durch die Fallpauschalen und eine gesetzliche Personalbemessung wollen wir zusammen mit ver.di durch eine Volksinitiative erreichen.

Mitten in diese Auseinandersetzungen und Streiks für mehr Personal kam die Bertelsmann-Stiftung im Juli 2019 mit einer Untersuchung hervor, in der die Schließung von 800 der 1400 Krankenhäuser in Deutschland empfohlen wird. Da war die Rede von einer gesamtgesellschaftlichen Transformationsleistung. Gemeint ist die Zerschlagung der flächendeckenden Krankenhausstruktur zugunsten weniger zentraler spezialisierten Superkliniken. Ein vom Gesundheitsministerium NRW bei Beraterfirmen in Auftrag gegebenes Gutachten unterstützt die unbewiesene Annahmen der Bertelsmann-Stiftung mit Schlussfolgerungen wie angeblicher Überversorgung, Unwirtschaftlichkeit, Qualitätsmängeln in vielen Krankenhäusern.

Die festgestellten Mängel haben ihre Ursache vor allem in der Ökonomisierung der medizinischen Versorgung. Mit einem neuen Krankenhausplangesetz sollen nun bis Mitte (neuerdings Ende) des Jahres 2020 über den Fortbestand von Krankenhäusern nach Kriterien entschieden werden, die zu hinterfragen sind. Es geht dabei nicht um einzelne Krankenhäuser, sondern letztendlich um den Rückzug des Staates aus der flächendeckenden medizinischen Versorgungsstruktur. Stattdessen sollen mit 80 Mrd. € zentralisierte Megakliniken gebaut werden.

Überversorgung, Unwirtschaftlichkeit, Qualitätsmängel sind Folge der Ökonomisierung der Gesundheitsversorgung.

1) Die Gesetzgebung hat die Krankenhausversorgung der Bevölkerung bisher als bedeutsame Aufgabe im System der öffentlichen Daseinsvorsorge staatlich abgesichert: Zum einen mit dem durch Bedarfsermittlung der Landesverwaltung erfolgten Feststellungsbescheid für teilnehmende Krankenhäuser im Landeskrankenhausplan -zum anderen mit der Pflicht, den auf der Basis der Bedarfsermittlung ermittelten Investitionsbedarf entsprechend zu finanzieren. Dem kommt die Landesregierung in NRW seit langem nicht nach. Das Land NRW stellt nur eine Pauschale für alle 346 Krankenhäuser bereit, die in keinem Verhältnis zu den Investitionskosten steht (aktuell 2,5 % der Kosten).

2) Das 2003 eingeführte Vergütungssystem nach Fallpauschalen (DRG) mit seinen vielen Fehlanreizen führt zu Mengenausweitung durch hohe Fallzahlen, Bevorzugung lukrativer Diagnosen und hat zur Folge, dass die Krankenhäuser am erfolgreichsten sind, die möglichst teure und planbare Operationen „Fälle“ in möglichst kurzer Zeit mit möglichst wenig Personal behandeln. Krankenhäuser die den großen Anteil an Grund - und Regelversorgung mit eher defizitären Diagnosen versorgen, geraten durch das DRG-Abrechnungssystem in finanzielle Schwierigkeiten. Der Diffamierung von Krankenhäusern als unwirtschaftlich oder mit der Unterstellung schlechter Qualität treten wir entschieden entgegen.

3) Die Schließung von Krankenhäusern wird auch damit begründet, dass auf die verbleibenden Häuser das knappe Personal „verteilt“ werden könne und so auch die personellen Engpässe gelöst werden könnten. Ein Blick nach Dänemark zeigt, dass genau das nicht eintritt. Die Gewinner-wartung der Inverstoren in Superkliniken führen zu drastischen Personalkosten-Einsparungen und zu Versorgungsengpässen, weil Stationen aus Kostengründen geschlossen werden. 

4) Prognosen und Planspiele bis 2032 sind unzutreffende Phantasien, wie das Beispiel Corona-Virus-Ausbreitung zeigt.  Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung, insbesondere die Vorhaltung teurer, aber im Ernstfall unbedingt benötigter personeller und apparativer Kapazitäten, ist nicht lukrativ für Inverstoren.

Qualität ist wenn für jede Einwohnerin und jeden Einwohner der Anspruch auf die Gesundheitsversorgung, die sie oder er zum Schutz der Gesundheit braucht erfüllt wird!

 

Schlussbemerkungen

 

Aktuell wird eine deutliche Kritik an der von der Bunderegierung geplanten Corona-App notwendig sein.

Die Bundesregierung ist sich sicher: Die Corona-Warn-App sei die beste Lösung, um die Ansteckungsquote zu senken, schnelleres Testen möglich zu machen und Infektionsketten zu unterbrechen. Nur so könne der »Lockdown« schrittweise beendet werden. Der Wunsch von vielen nach »Normalität« und der schrittweisen Beendigung des »Lockdowns« ist verständlich. Doch die wissenschaftliche Grundlage, dass eine App dabei helfen kann, ist äußerst dünn. Während die Bundesregierung derzeit viel von »Vertrauen« redet, gibt es nur eine einzige mathematische Modellrechnung, die ihre App-These stützt. Sie wurde von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des »Big Data Institute, Li Ka Shing Centre for Health Information and Discovery« an der Oxford University in England verfasst. Dass sich die Bundesregierung ausgerechnet auf ein Institut bezieht, das grundsätzlich den Einsatz von Big Data befürwortet und dessen Gründer und Geldgeber Li Kashing, mit seinem Vermögen Big Data-Initiativen auf dem ganzen Globus fördert, ist nicht gerade »vertrauenerweckend«.

Zudem ignoriert die Argumentation, der Zweck heilige die Mittel, dass es nachhaltige Alternativen zur Aushöhlung der Grundrechte und flächendeckenden digitalen Überwachung gibt. Wer wissen will, wo die größten Baustellen der Pandemie-Bekämpfung liegen, sollte sich die Forderungen der gewerkschaftlich organisierten Belegschaften oder von einzelnen Pflegerinnen und Pfleger sowie von Ärztinnen und Ärzten aus den Krankenhäusern zu Eigen machen. Um Infektionsketten wirksam zu unterbrechen, gibt es Lösungen, die nicht kompliziert sind: Der massive Ausbau des Gesundheitssystems, sowie die Verbesserung des nachhaltigen Gesundheitsschutzes der Bevölkerung – vor allem der Millionen von Menschen, die trotz partiellem »Lockdown« weiterhin arbeiten müssen sowie der sogenannten Risikogruppen. Dafür braucht es zuvorderst keine App, sondern große Mengen von Gütern und Dienstleistungen im Gesundheitswesen, also Milliarden von FFP-Masken und Schutzkleidung, hunderttausende Tonnen Desinfektionsmittel, Millionen von Test-Kits und Reagenzien, um massenhafte COVID-19 Tests zu ermöglichen, Beatmungsgeräte und eine adäquate personelle und finanzielle Ausstattung des Gesundheitssystems.7

Ob die von der Landesregierung anvisierten Veränderungen in der Krankenhauslandschaft sich unter dem Druck der gesellschaftlichen Debatte um die Zukunft des Gesundheitssystems werden umsetzen lassen, wird auch davon abhängig sein, wie stark DIE LINKE flächendeckend eine laute Kritikerin der Laumann-Pläne sein wird.

Unter dem immensen Druck der ökonomischen Krisenbewältigung, wird es auf der kommunalen Ebene weitreichende Debatten zu Streichungen im Sozialen Bereich (freiwillige Leistungen etc.) geben. Wichtige Strukturfragen bei freien Trägern die mitunter einen wichtigen pflichtigen Beitrag zur Erfüllung kommunaler Aufgaben haben könnten unter einem weitergehenden Spardiktat der kommunalen Unterfinanzierung leiden (z.B. Schließung von AIDS-Hilfe-Beratungsstellen, Schwangerschafts-konfliktberatungsstellen Ausdünnung von Beratungsangeboten, usw.).

DIE LINKE. NRW hat sich bereits für die bevorstehende Kommunalwahl darauf verständigt, dass auch die Frage der flächendeckenden Gesundheits-Versorgung Eingang in die Kampagne findet.

Dinslaken, den 15.04.2020


Quellen:

https://www.diw.de/documents/dokumentenarchiv/17/diw_01.c.758733.de/20200408_gd_fruehjahr_gutachten_lang.pdf

2 https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/corona-krise-und-wirtschaft-die-wirtschaftlichen-folgen-der-pandemie-kolumne-a-542e8a73-273f-4e2b-958b-bea91c94d472

3 Prof. Stefan Sell, Gesundheitsökonom an der Hochschule Koblenz, Campus Remagen, in SWR2

4 https://www.die-linke.de/fileadmin/download/themen/Gesundheit_und_Pflege/AdPg-2020.7-Gesundheitssystem.pdf

5 https://www.linksfraktion.de/themen/positionspapiere/detail/effektiver-schutz-durch-solidaritaet/

6 Beschluss des Landesvorstands vom 21.03.2020, Antrag Höger, Wagner, LAG GeSo

7 Yaak Pabst, https://www.marx21.de/corona-app-debatte-gesundheitsschutz-statt-ueberwachungsstaat/

Debattenbeitrag

Ihr seid nicht DIE LINKE – aber auch!

Sascha H. Wagner

In der jüngst gestarteten Initiative „wirsinddielinke“1, soll den Mitgliedern der Partei DIE LINKE suggeriert werden, dass eine Urwahl zur Wahl der Parteivorsitzenden einen erheblichen Demokratisierungsprozess in Gang setzen würde. Dabei ist dies nichts weiter als der verzweifelte Versuch die fraktionelle Auseinandersetzung in der Partei voranzutreiben und die aktuellen Vorsitzenden davon abzuhalten erneut auf einem Bundesparteitag zu kandidieren.

Die Europawahl ist nun einige Wochen her und nachdem die Forderung nach einem Sonderparteitag gänzlich verstummten oder auf keine eindringliche Resonanz in der Basis stieß versucht das personelle Spektrum um die damalige linke Sammlungsbewegung erneut Einfluss auf die Parteidebatten zu nehmen. Ihr Versuch eine breite linke Bewegung zu initiieren war schon gescheitert, weil es eben ein Nebenprodukt und keins von der Partei DIE LINKE getragenes Projekt war. Kein Anlass zur Freude, wäre die Notwendigkeit für eine linke parlamentarische Mehrheit in Anbetracht der erstarkenden Rechten in der Bundesrepublik durchaus notwendig gewesen. Doch die handwerklichen Fehler müssten gründlich analysiert und diskutiert werden, anstatt nunmehr weiterhin in innerparteiliche Machtkämpfe zu verfallen die nichts Weiteres in sich zu tragen, als zu lähmen.

Mit dem jüngst entstandenen Vorstoß eine Urwahl um die Besetzung der Vorsitzenden-Funktionen zu initiieren muss auch ein Blick in die demokratischen innerparteilichen Prozesse erlaubt sein. DIE LINKE hat nach ihrer eigenen Satzungsbestimmung ein höchstes beschlussfassendes Gremium, den Bundesparteitag. Dieser setzt sich aus derzeit 580 Delegierten der Kreisverbände und anerkannten innerparteilichen Zusammenschlüsse, sowie den Delegierten des parteinahen Jugendverbandes zusammen. Umgeht man die Satzung durch einen angeblichen demokratischeren Urwahl-Prozesse, stellt dies sogleich die Sinnhaftigkeit eines Delegiertenprinzips in Frage. Welche Entscheidungen sollen künftig noch von Delegierten getroffen werden, soll sich das Mandat nur noch auf inhaltliche Fragen beschränken und warum soll eine solche Urwahl nur für die Vorsitzenden, nicht aber für deren Stellvertretungen, die Geschäftsführung oder die Schatzmeisterei gelten, nicht weniger wichtige Funktionen in der Bundespartei? Dies wäre ein herber Einschnitt in die Parteistruktur und den breiten Interessen der Strömungen, Gliederungen und realen Mehrheitsverhältnisse.

Es muss sich der Eindruck verfestigen, dass die lauthalse Forderung nach mehr Demokratie und Mitbestimmung wenig durchdacht und eher als Vorgeplänkel für den kommenden Bundesparteitag betrachtet werden muss. Das eine solche Debatte nunmehr unmittelbar vor den bevorstehenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg erzeugt wird, muss jedoch als ein unverantwortlicher Affront gewertet werden. Eine solche Debatte verbietet sich in Zeiten wachsender rechter Strukturen die im Begriff stehen Regierungsbildungen durch deren Wahlergebnisse massiv zu beeinflussen. Eine geschlossene LINKE hat in diesen Zeiten alle Kraft darauf zu verwenden die Rechtsentwicklung zurückzudrängen. Sie muss personell geschlossen agieren und politische Debatten führen.

Es verkürzt auch die wesentlichen politischen Fragen. Erneut soll auf Personenfragen und -Kult abgehoben werden, anstatt die strategischen Ausrichtungsoptionen linker Mehrheiten in Parlamenten und in außerparlamentarischen Bewegungen zu erörtern. Dies ist fatal. Seit der letzten Bundestagswahl findet die Gesamtpartei zu keiner wirkungsmächtigen Oppositionskraft, welche eine klare politische Strategie erkennen lässt. Hier muss auch die Rolle der Bundestagsfraktion mit ihren Ressourcen in Augenschein genommen werden. Womit hat man sich primär seit der letzten Bundestagswahl befasst, welche Projekte und Initiativen wurden angestoßen? Dazu findet nirgends eine breite Debatte in der Partei statt.

Zu den wesentlichen Fragen unserer Zeit wie der Klimasituation, der Armutsfrage und sozialen Spaltung oder der Bildungsmisere in den Ländern kommen nur zaghafte Versuche sich öffentlichkeitswirksam zu positionieren, DIE LINKE führt unverständliche Diskussionen über angebliche „Identitätspolitik“ und glaubt in Teilen ernsthaft, dass eine verbindende Klassenpolitik ein Ausschlusskriterium für die Wahlentscheidung der Menschen sei. Es wird jedoch nie diskutiert warum DIE LINKE nach über 10 Jahren ihrer Gründung keine kohärente Politik gegen Privatisierung, Personalnotstand, Schuldenbremse oder den Kohleausstieg in den Regionen in den Ländern betreibt. Die vielfach interessierten Spektren in der politisierten Bevölkerung wissen sehr wohl um die inkonsequente Haltung der LINKE in wesentlichen Fragen. Eine Gesamtstrategie zur Frage der Regierungsbeteiligung wird munter seit vielen Jahren versäumt und mit Nebelkerzen geführt. Anstatt sich der Frage offen zu stellen ob es sinnvoll ist eine linke Regierung als Juniorpartner im Bund zu bilden, werfen sich beide Flügel in der innerparteilichen Debatte vor nur nach den Trögen der Macht zu blinzeln. Denn wer hinter die Argumente schaut muss erkennen, dass im Kern beide Seiten darum ringen, eine im wesentlichen parlamentarische Mehrheit zu erringen.

Schon jetzt ist klar die Wahlen im Osten werden keine Erfolgsgeschichte für die Partei werden. Zu sehr ist DIE LINKE damit beschäftigt, wie das Kaninchen vor der Schlange, den Aufstieg der AfD zu betrachten, anstatt sich für eine radikale Abkehr von Formelkompromissen und Zugeständnissen bürgerlichen Forderungen einzusetzen. Realistisch und radikal? Ein Widerspruch der in der Partei nunmehr verkürzt debattiert wird. Und somit sind die Schuldigen für die Landtagswahlergebnisse schon längst ausgemacht – die Parteivorsitzenden, wer sonst? Und natürlich darf und muss die Frage gestellt werden warum es der Parteispitze bisher nicht gelungen ist die erwähnten Probleme in eine bessere Richtung zu lenken? Und natürlich man kann sagen der Fisch fängt immer vom her Kopf an zu stinken, doch ich meine in einem umgekippten Tümpel kann kein großer Hecht heranwachsen. Für eine politische Aussprache, ist ein Parteitag mit mehr freien Reden, anstatt gesetzter Promibeiträge zuständig, kein pseudodemokratisch oder besser gesagt ein sozialdemokratischer Versuch durch eine Urwahl einer Partei Leben einzuhauchen, wie es jüngst die SPD versucht hat.

Doch auch dieser Punkt wäre rechtlich hochproblematisch. Die geforderte Urwahl der Parteivorsitzenden würde dem Parteiengesetz widersprechen, erklärte jüngst Parteienforscher Falter. Er verwies auf Paragraf 9, Absatz 4 des Parteiengesetzes in seiner gültigen Fassung. Hier sei zwingend die Wahl des Parteivorstandes und damit natürlich auch der Parteivorsitzenden durch einen Parteitag gefordert. Diese Regelung kenne auch kein Hintertürchen, sodass eine Urwahl nicht gesetzeskonform wäre und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einem zuständigen Gericht sofort gestoppt werden würde, falls es angerufen würde, betonte Falter seinerzeit, als eine ähnliche Debatte in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands entfacht wurde.

Rechtlich umstritten ist laut Falter außerdem die Frage, ob ein unverbindliches Meinungsbild durch Mitgliederbefragung hergestellt werden kann, an dem sich dann ein Parteitag orientieren könnte. Schwierig sei es wegen der faktischen Bindungswirkung einer solchen Mitgliederbefragung, sagte der Parteienforscher seinerzeit.2

Die Hürden für einen Mitgliederentscheid sind Satzungsmässig festgelegt, darin heißt es:

Zu allen politischen Fragen in der Partei kann ein Mitgliederentscheid (Urabstimmung) stattfinden. Das Ergebnis des Mitgliederentscheides hat den Rang eines Parteitagsbeschlusses. Soweit das Parteiengesetz eine Aufgabe zwingend dem Parteitag zuweist, hat der Mitgliederentscheid empfehlenden bzw. bestätigenden Charakter für die Entscheidung des Parteitages.

(2) Der Mitgliederentscheid findet statt

auf Antrag von Landes- und Kreisverbänden, die gemeinsam mindestens ein Viertel der Mitglieder repräsentieren oder

auf Antrag von acht Landesverbänden oder

auf Antrag von 5.000 Parteimitgliedern oder

auf Beschluss des Parteitages oder

auf Beschluss des Bundesausschusses.

(3) Stimmberechtigt sind alle Mitglieder. Der dem Mitgliederentscheid zugrunde liegende Antrag ist beschlossen, wenn ihm bei einer Beteiligung von mindestens einem Viertel der Mitglieder eine einfache Mehrheit zustimmt.

(4) Über eine Angelegenheit, über die ein Mitgliederentscheid stattgefunden hat, kann frühestens nach Ablauf von zwei Jahren erneut abgestimmt werden.

(5) Die Auflösung der Partei oder die Verschmelzung mit einer anderen Partei bedürfen zwingend der Zustimmung in einem Mitgliederentscheid. Der entsprechende Beschluss des Parteitages gilt nach dem Ergebnis des Mitgliederentscheides als bestätigt, geändert oder aufgehoben.

(6) Das Nähere regelt diese Ordnung über Mitgliederentscheide. Die Kosten eines Mitgliederentscheides tragen alle Gebietsverbände gemeinsam. 3

Zudem ist bestimmt:

 (4) Alle Organe der Partei und ihrer Gebietsverbände haben dafür Sorge zu tragen, dass eine breite innerparteiliche Diskussion über das Für und Wider der beim Mitgliederentscheid zu beantwortenden Frage ermöglicht wird.

Da auch im kommenden Jahr mehrere Kommunalwahlen stattfinden werden die eine hohe Auslastung an Kapazitäten erforderlich machen, dürfte die Durchführung solcher Konferenzen Ressourcenmässig auf wenig Gegenliebe in bevölkerungsreichen Bundesländern stoßen.

Die Urheber der Initiative verschweigen also wissentlich, dass die Satzung lediglich zu politischen Fragen, nicht jedoch zu personellen das Instrument des Mitgliederentscheides vorsieht. Demzufolge müsste eine Zweidrittelmehrheit des Bundesparteitages zunächst einmal die Satzung für ein solches Procedere ändern. Das diese satzungsändernde Mehrheit jedoch zustande kommt, kann als ausgeschlossen gelten, zumal der letzte Bundesparteitag noch nicht einmal eine Mehrheit für einen Antrag der Linksjugend zustande brachte über die Frage der Spitzenkandidat*innen zu entscheiden. Dieser sah vor, dass der Bundesparteitag eine entsprechende Empfehlung abgeben sollte. An dieser Stelle wäre nämlich ein wirklicher Erneuerungsprozess notwendig. Eine solche Initiative für Spitzendkandidat*innen zu Landtagswahlen in den Ländern halte ich dagegen für eine wirklich sinnvolle Möglichkeit die Parteibasis stärker zu motivieren und einzubinden. Ein Landtags- oder Bundestagsmandat ist ja ohnehin ein weitaus lukrativerer Posten als das der Vorsitzenden. Jedes Landtagsmandat wird besser vergütet als die Stelle der Parteivorsitzenden. Das es den Initiator*innen der wirsinddielinke-Webseite um ein solches Anliegen geht bleibt abzuwarten. Aber die Frage warum nicht die näherstehende Basis auf Länderebene über ihr Spitzenpersonal zu Landtagswahlen einzubeziehen ist bleibt spannend. Hier ist der Motivationsfaktor ein ganz entscheidender. Für die Wahl der Parteivorsitzenden wählen die Gliederungen Delegierte, die sich meist zuvor auf Kreismitgliederversammlungen über das Personaltableus austauschen und durchaus Empfehlungen abgeben.

Zudem wäre eine solche Urwahl auch in bürokratisches Wagnis und ein teurer Spaß. Sicherlich ist dieser Faktor zweitrangig, will ihn jedoch nicht unerwähnt lassen. Zum 31.12.2018 hatte DIE LINKE 62.016 Mitglieder bundesweit. 4

Legen wir die derzeitigen Portopreise zu Grunde und gehen von einem Schreiben samt frankierten Rückumschlag aus, so beliefe sich dieser Vorgang auf mindestens 99.225,60 €. Da die Satzung der Partei vorschreibt, dass der Parteivorstand alle zwei Jahre zu wählen ist, kämen auf die Partei also alle zwei Jahre einhunderttausend Euro zu. In Anbetracht dessen, dass wir wichtige Strukturfragen zum Parteiaufbau diskutieren, ob wir Personalstellen in den Ländern oder Kreisverbänden finanzieren oder halten können und mit Kreisverbänden täglich über Beitragsanteile diskutieren müssen, glaube ich stießen diese Ausgaben auf wenig Gegenliebe in der Basis. Noch nicht eingerechnet sind die durchzuführenden Regionalkonferenzen. Die SPD will derzeit bei ihrem Suchprozess für den Vorsitz 26 davon durchführen. Nehmen wir als bescheidene Partei nur mal an wir versuchen den Mitgliedern in den 16 Bundesländern entfernungsmäßig gerecht zu werden, damit sie sich die Kandidat*innen, welche sich dann auf diese Ochsentour einlassen, zumindest mal anschauen und hören können, wir würden in jedem Bundesland eine solche Konferenz abhalten kämen bei den gültigen Beschlusslagen zur Durchführung solcher Veranstaltungen weitere 160.000 € schnell zusammen. Damit lägen wir bei rund 260.000 €uro pro Wahlperiode, nicht einberechnet die Arbeitsstunden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesgeschäftsstelle und der Länder,sowei die Druckkosten.

Es zeigt sich also wie wenig seriös ein solcher Vorstoß im Vorfeld durchdacht wurde. Schaut man sich das aufwendig produzierte Werbevideo für diese Initiative an, so muss man jedoch mit Befremden feststellen wir abfällig über die Bundesgeschäftsstelle als Institution gesprochen wird. Durch das Suggerieren die da Oben und wir hier Unten an der Basis, soll ein Entfremdungsprozess der jetzigen Verhältnisse konstruiert werden, der real betrachtet nicht vorhanden ist. Noch nie hat die Partei zwei Vorsitzende gehabt, egal wie man inhaltlich zu ihnen stehen mag, welche so intensiv in den Kreisverbänden zu Kleinstveranstaltungen bis in die Ortsebene hinein Präsenz und ernstes Interesse gezeigt haben. Wichtige Elemente wir Organizing, Kampagnenpraxis und Debattenkultur wurden implementiert. Wem soll also all das nützen? Dies weckt kein Engagement der Mitglieder, es vergrault sie höchstens, wenn wir es nicht langsam schaffen Personalfragen vernunftbeflissen und anständig und mit offenem Visier zu führen.

Den Initiator*innen des Aufrufes sollte die Partei offen begegnen und ihnen zurufen: Ihr seid nicht DIE LINKE – aber auch! Lasst uns über Inhalte diskutieren und werdet eurer Verantwortung in den jetzigen Zeiten gerecht, gehen wir es gemeinsam und verbindend an. Die demokratischen Strukturen dafür sind längst vorhanden. Nutzen wir sie in Partei und Fraktion.

Quellen:

1 https://wirsinddielinke.de/

2 aus Handelsblatt:  https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/analyse-urwahl-wuerde-dem-parteiengesetz-widersprechen/20956688-2.html

3https://www.die-linke.de/partei/grundsatzdokumente/ordnung-fuer-mitgliederentscheide/

4 Quelle: https://www.die-linke.de/partei/ueber-uns/mitgliederzahlen/

*Der Autor Sascha H. Wagner wohnt in Dinslaken und ist seit 2012 Landesgeschäftsführer der nordrhein-westfälischen LINKEN und seither Wahlkampfleiter des Landesverbandes. Der gelernte Kranken -und Gesundheitspfleger ist zudem Kreissprecher und Fraktionsvorsitzender der LINKEN im Kreistag Wesel.

Kreis Wesel in falschen Händen

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Bewerbung als Landesgeschäftsführer

zum Landesparteitag in Kamen

Sascha H. Wagner; DIE LINKE. NRW

Liebe Genossinnen und Genossen,

hiermit bewerbe ich mich erneut um das Amt des Landesgeschäftsführers in unserem Landesverband NRW.

In den vergangenen zwei Jahren, haben wir viel auf den Weg gebracht.
Da war ich gleichzeitig Landeswahlkampfleiter- und Geschäftsführer und habe gemeinsam mit dem Landeswahlbüro, sowie den Kreisverbänden, den Wahlkampf gesteuert.

Was für uns alle, mit den wenigen Mitteln, die uns zur Verfügung standen, nicht immer einfach war. Die Solidarität, die sich da gezeigt hat, war großartig. Zu den Aufgaben des Landesgeschäftsführers gehört, die organisatorischen Fragen der Partei zu beantworten mit dem Ziel, die Partei nach vorne zu bringen. Das gelingt aber nur, wenn wir die vorhandenen Kräfte bündeln und  strategisch vorgehen.

Im Falle meiner Wiederwahl, würde ich gerne mit den Kreisverbänden  mehr strategische Debatten führen und sie  viel mehr, als bisher, in die Ausrichtung der landespolitischen Schwerpunkte einbeziehen; weit über die Leitanträge auf Parteitagen hinaus.

Gemeinsam mit ihnen/mit Euch, möchte ich verstärkt an  dem Parteiaufbau in der Fläche und den Regionen arbeiten und schon jetzt über die Vorbereitungen für einen guten Kommunalwahlkampf 2020 nachdenken und den Boden dafür vorbereiten, damit wir uns noch breiter in der Fläche verankern können. Die gute Vernetzung der Kommunalpolitiker*innen und der Landesarbeitsgemeinschaften muss daher, noch mehr als bisher, in den Fokus der Parteientwicklung gerückt werden, damit davon alle profitieren können.

Wir tragen alle Verantwortung für diese Partei und sie ist nur so stark wie wir es gemeinsam sind. Darum müssen wir, um der Partei willen und der Idee, für die wir alle eingetreten sind, einen Weg finden, der uns die Möglichkeit bietet, in dieser, für die Partei so schweren Zeit, gemeinsam und geschlossen zu agieren und den Mut haben uns Zeit für Debatten
(auch für die schwierigen) zu nehmen;  fair und mit gegenseitigem Respekt.

WEIL WIR GEMEINSAM DIE STÄRKE DER PARTEI SIND

Dafür will ich mich mit ganzer Kraft einsetzen.

Mit roten Grüßen
Euer
Sascha H. Wagner

Hier die Bewerbung als Download


 

Rede zum Landesrat

Auswertung der nordrhein-westfälischen Landtagswahl 2017

Liebe Genossinnen und Genossen,

das Wahlergebnis ist ein Bitteres für uns. Ihr habt in den Kreis,- Orts- und Stadtverbänden wie immer gekämpft, doch am Ende hat es nicht gereicht.

Als Landeswahlbüro haben wir versucht die enormen Herausforderungen so gut es irgendwie ging anzunehmen und die organisatorischen Grundlagen für einen erfolgreichen Wahlkampf zu schaffen. Dabei hat es natürlich auch Pleiten, Pech und Pannen gegeben. Etwas anderes zu behaupten wäre unsinnig und es entspricht auch nicht meiner Auffassung von einer transparenten Aufarbeitung der Fehlerquellen. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, im Übrigen zum ersten Mal in dieser umfangreichen Form, einen 54-Seitigen Abschlussbericht vorzulegen, der aus der Sicht der Mitglieder des Landeswahlbüros, offen die Schwachstellen, aber auch die Stärken der Wahlkampforganisation benennt. Daher danke ich an dieser Stelle allen Mitgliedern des Landeswahlbüros, die teils Haupt- und Ehrenamtlich von früh bis spät über Wochen und Monate im Einsatz waren. Auch für sie ist es bitter und wiegt schwer.

Zum Vergleich jedoch will ich auch eines klar und deutlich sagen. Was wir in der Landesgeschäftsstelle mit 9 Menschen geschafft haben, steht in keinem gesunden Verhältnis zu anderen Parteien. Bei den Grünen in NRW saßen in der Landesgeschäftsstelle 22 Hauptamtliche Kräfte mit persönlichen Referent*innen und Wahlkampfmanager*innen.

Von den großen Parteien will ich gar nicht erst reden. Ihr seht in welchem Missverhältnis die Ausgangslage ist und bleibt - auch perspektivisch.

 Ich möchte aber dennoch zu einigen Dingen auch Stellung nehmen. Nehmen wir das Thema Kampagne. Bitte seid ehrlich in der Auseinandersetzung. Was wäre gewesen wir hätten die paar Tausend Stimmen errungen und wären verdienter Maßen in den Landtag eingezogen: die Debatte sähe ganz anders aus. Die Fehler die im Rahmen der Umsetzung der Kampagne „Zeig Stärke“ durchgeführt wurden, haben wir schonungslos im Abschlussbericht benannt. Über diese technischen Fragen möchten wir in einen tieferen Dialog mit den Wahlkampfleiter*innen kommen und laden daher schon jetzt für eine Beratung der Wahlkampfleitungen der Kreise am 09. Juli nach Düsseldorf ein. Hier werden wir Raum und Zeit haben, uns über die Versäumnisse und Fehler des letzten Wahlkampfes auszutauschen, aber vor allem auch über die bevorstehenden Aufgaben des heraufziehenden Bundestagswahlkampfes reden.

Liebe Genossinnen und Genossen, es galt mit einem überschaubaren Budget möglichst alle Elemente eines ordentlichen Wahlkampfes mit rund 13 Millionen Wahlberechtigten zu organisieren und zu bedienen. Dabei hat die Kampagne eines erreicht, und dies ist nicht zu unterschätzen, nämlich die Binnenmobilisierung. Zahlreiche Neueintritte beziehen sich auf das Image der NRW-LINKEN und die Ausstrahlung der Partei nach außen. Die wichtigste Aufgabe muss es nun sein, die vielen Neumitglieder mit Projekten in Verbindung zu bringen, ihnen ein gutes Angebot im Parteiaufbau zu machen und über neue Formen der Mitgliederaktivität zu diskutieren. Dazu gehört es aber auch das jeder Kreisverband selbst einmal für sich eine tiefere Analyse vornimmt wo Stärken und Schwächen liegen. Denn eines ist doch klar: wir gewinnen nur gemeinsam und wir verlieren aber auch immer gemeinsam und deshalb sollten wir uns doch dazu durchringen, verfehlte Wahlziele immer gemeinsam zu betrachten, denn wir alle tragen hier die Verantwortung. Bei über 7.000 Mitgliedern, hätte jeder gut eine weitere Person überzeugen müssen und somit ist das Wahlergebnis diesmal näher an uns allen dran. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.

Vor wenigen Wochen kurz nach der Landtagswahl traf ich in Berlin eine Krankenschwester, die sich im Streik und den Tarifauseinandersetzungen, sowie für mehr Personal an einer saarländischen Klinik engagiert. Bei einer Diskussion kam die Frage auf, ob unsere Ansprache an die arbeitende Bevölkerung vielleicht zu kompliziert, zu abgehoben, zu sehr Polit-Sprech sei. Und sie sagte etwas, was mich tief beeindruckte. „Hört auf die Arbeiterinnen und Arbeiter für dumm zu halten, als können sie nicht eure einfachen Losungen und auf den Plakaten und Flyern verstehen! Nicht die Frage der Verständlichkeit ist das Problem, sondern die Frage ob ihr direkt mit ihnen redet!“

Liebe Genossinnen und Genossen, wie machen wir Wahlkampf? Sollten wir uns nicht auch einmal über Form und Praxis anderer Methoden, neuer Elemente verständigen? Wie gehen wir mit den Strukturschwächen in der Fläche um, die wir perspektivisch, wenn wir einmal ehrlich sind, so schnell nicht überwinden werden. Wie sieht es aus mit innerparteilicher Solidarität und finanzieller Umverteilung für mehr Präsenz in der Fläche bei Wahlkämpfen und darüber hinaus? Wie steht‘s um Partnerschaften von Kreisen innerhalb NRWs, ohne immer gleich das Gefühl nach außen zu geben, als wäre die Bitte um Hilfe und Unterstützung ein Zeichen der Schwäche.

Ein Wahlkampf scheitert doch nicht daran, dass ein Kreisverband keine Kabelbinder hat. Er scheitert daran, dass wir noch zu wenige sind und zu wenig Mittel aufbringen können um die Mängel zu beseitigen und auszugleichen!

Deshalb will ich den vielen Genossinnen und Genossen, den Wahlkämpfer*innen, den Kandidat*innen und den Sympathisant*innen der LINKEN auch im Namen des Landeswahlbüros ganz herzlich danken. Danken für ihren Einsatz vor Ort, aber auch für den zahlreichen Zuspruch den wir erfahren haben, wenn mal wieder bösartige Emails über die Verteiler geschickt wurden. Das alles macht es einfacher und spornt uns für den bevorstehenden Bundestagswahlkampf erneut an.

Im Rahmen der Beratung der Kreiswahlkampfleitungen im vergangenen Jahr in Herne, sind viele Fragen zur Wahlkampforganisation schon im Vorfeld diskutiert und gemeinsam entschieden worden. Viele Informationen sind jedoch wohl in Vergessenheit geraten. Das heißt für den Landesverband, wir müssen sorgfältiger dokumentieren und Elemente wie die Wahlstrategie noch intensiver und breiter mit den Kreisverbänden frühzeitiger diskutieren. Die Auswertungsbögen der Kreise zu dieser Thematik sprechen Bände. Aus einer solchen Strategie leiten sich jedoch zentrale strategische Fragen ab, die auch die Organisation betreffen. In der Umsetzung jedoch spielte sie faktisch kaum eine Rolle. Auch darüber müssen wir ernsthaft reden.

Liebe Genossinnen und Genossen,
dieser Wahlkampf war für das Wahlbüro keine freudige Herausforderung. Im Abschlussbericht findet ihr auch eine Analyse zur Arbeit des Landeswahlbüros und wer zwischen den Zeilen liest, weiß um die Differenzen die es gegeben hat. Das einzig Gute daran ist jedoch, dass es sich nicht auf die Kreise übertragen hat, der Landesverband in Gänze hat viel Kraft aufgewendet um eine andere politische Perspektive in Nordrhein-Westfalen zu eröffnen. Auch hieraus müssen wir für die kommenden Aufgaben Schlüsse ziehen.

Denken wir einfach mal es ist das Jahr 2022 und es sind Landtagswahlen. Der Landesverband hat sich in einem sorgsam vorbereiteten Programmprozess auf den Weg zum Wiedereinzug, nach zehnjähriger Abstinenz vorbereitet, transparente Wahlkampfstrukturen geschaffen und NRW welches von einer schwarz-gelben Koalition geführt wurde, wird unser Hauptgegner in der politischen Auseinandersetzung sein. Im günstigsten Fall, hat der Landesverband im Vorfeld hierzu strategische Machtoptionen hinreichend und klar definiert oder eine andere Rolle für sich erachtet. Denn machen wir uns nichts vor: manche Debatten werden uns auch dann wieder von außen aufgedrückt werden, die wir aus taktischen Gesichtspunkten nicht werden ignorieren können.

Was können wir konkret tun? Zunächst einmal werden wir mit ganzer Kraft unseren Anteil an einem guten Ergebnis für die Bundestagswahl arbeiten. Denn wenn diese Partei eines kann, dann ist es Wahlkampf. Das kommende Jahr 2018 muss jetzt intensiv für den Parteiaufbau genutzt, werden. Kreisgeschäftsführer*innen und Wahlkampfleiter*innen müssen regelmäßig zusammenkommen um sich auf bessere Kommunikationswege zu verständigen, damit wir zur Europawahl 2019 und zur Kommunalwahl 2020 gestärkt aus den Wahlen hervorgehen können. Deshalb rege ich an, von nun an wiederkehrende Beratungen durchzuführen, um die Kreisverbände noch enger an die strategischen und organisatorischen Prozesse des Landesverbandes zu beteiligen und einzubeziehen.

Als Erstmaßnahme haben wir ein Begrüßungsheft für Neumitglieder aufgelegt um eine persönlichere Ansprache zu finden und das breite Angebot des Landesverbandes darzustellen.

Als Wahlkampfleiter bin ich dankbar für Eure Kritik und Anregungen, die wir gleich hören werden. Lasst uns eine tiefergehende Analyse gemeinsam voranbringen, Schwächen abmildern und solidarische Perspektiven zur Stärkung der Landespartei in der Fläche eröffnen.

Deshalb auch von mir ein herzliches Dankeschön!

 

Eine Partei für den Alltag, nicht nur für den Wahltag!

Sascha H. Wagner Direktkandidat für den Wahlkreis Wesel 58 (Hamminkeln, Schermbeck, Wesel, Voerde & Hünxe)

Liebe Wähler*innen,

LINKE Politik heißt, gegen den Strom zu schwimmen, auch wenn der Mainstream ein anderer ist. Warum ich für DIE LINKE. zum nordrhein-westfälischen Landtag kandidiere, erfahren Sie unter anderem auf dem Kandidatenflyer, den unser Kreisverband für die bevorstehende Wahl am 14. Mai 2017 aufgelegt hat.

In Wahlkämpfen wird viel versprochen. Regierende Parteien, werben mit Ideen, die sie längst hätten umsetzen können. Dafür wird gerne von der Konkurrenz abgeschrieben. Nach der Wahl heißt es dann: „Was schert mich mein Geschwätz von gestern“. Und alles geht weiter wie gehabt.

DIE LINKE ist als einzige Partei ihrer Linie immer treu geblieben. Das heißt: Wir machen Politik für die Menschen, nicht für die Konzerne. Für die Mehrheit, nicht für die oberen Zehntausend. Und um unsere Unabhängigkeit zu sichern, nehmen wir als einzige Partei kein Geld von Unternehmen. Denn Unternehmen haben keine Überzeugungen, sondern nur Gewinninteressen. WEITERLESEN

Herzlichst Ihr

Gegen Kapitalismus und Patriarchat - Für sexuelle Selbstbestimmung!

von Birkwald, Conrads, Jelpke, Mulia, Prigge, Vogler, Wagner u. Zdebel

"In unserem Parteiprogramm setzen wir uns für die Selbstbestimmung der Menschen, für die Demokratisierung aller Lebensbereiche und gegen jede Form der Diskriminierung ein. Ausdrücklich treten wir als LINKE ein für die Freiheit der sexuellen Orientierung und die Selbstbestimmung über den eigenen Körper.

Mit diesen Zielen ist es nicht vereinbar, dass DIE LINKE jede Form von Sexkauf pauschal ablehnt. Denn wir setzen uns für das Recht aller Menschen ein, über sich, ihr Leben und ihren Körper selbst zu bestimmen. Aus diesem Gedanken heraus verbietet sich, eine pauschale Verurteilung aller Sexarbeite*innen und –käufer*innen ebenso, wie ein stellvertretendes über sie reden und für sie handeln.

(Matthias W. Birkwald, Anna Conrads, Ulla Jelpke, Marc Mulia, Jasper Prigge, Sascha H. Wagner, Kathrin Vogler und Hubertus Zdebel)


Eine Antwort auf den Aufruf „LINKE für eine Welt ohne Prostitution“ und den Diskussionsbeitrag „Prostitution – Hindernis auf dem Weg zu sozialer und sexueller Emanzipation“ (jeweils mit "Zitat" gekennzeichnet und kursiv gesetzt)


Zitat: „Wir wünschen uns eine Welt ohne Prostitution“

Bereits der Titel des Aufrufs führt in die Irre. Eine Welt ohne Prostitution kann es bei realistischer Betrachtung nicht geben. Erkennt man dieses Faktum an kann es nicht darum gehen, „eine Welt ohne Prostitution“ zu schaffen. Die Verbesserung der bestehenden Situation von Sexarbeiter*innen muss im Vordergrund der politischen Auseinandersetzungen stehen.

In unserem Parteiprogramm setzen wir uns für die Selbstbestimmung der Menschen, für die Demokratisierung aller Lebensbereiche und gegen jede Form der Diskriminierung ein. Ausdrücklich treten wir als LINKE ein für die Freiheit der sexuellen Orientierung und die Selbstbestimmung über den eigenen Körper.

Mit diesen Zielen ist es nicht vereinbar, dass DIE LINKE jede Form von Sexkauf pauschal ablehnt. Denn wir setzen uns für das Recht aller Menschen ein, über sich, ihr Leben und ihren Körper selbst zu bestimmen. Aus diesem Gedanken heraus verbietet sich, eine pauschale „Verurteilung“ aller Sexarbeite*innen  und –käufer*innen ebenso, wie ein stellvertretendes „über sie reden und für sie handeln.“

Zitat: „Wir lehnen jegliche Kriminalisierung von Prostituierten ab“

Jede Kriminalisierung des Berufs oder der Tätigkeit, auch eine Bestrafung der „Freier*innen“, stigmatisiert und drängt die Anbieter*innen zurück in die Illegalität. Wer die Kriminalisierung von Prostituierten ablehnt, muss daher die Forderung nach dem Sexkaufverbot ablehnen, wie sie im „schwedischen Modell“ praktiziert und in Deutschland von der CDU und Alice Schwarzer erhoben wird. Verschiedene Auswertungen dieses Modells, auch von feministischer Seite, haben gezeigt, dass mitnichten Prostitution verschwunden ist und die Prostituierten „befreit“. Im Gegenteil sind an vielen Stellen negative Effekte, auch auf die Prostituierten festzustellen, die damit ebenfalls in die Illegalität gedrängt werden (siehe Literaturverweise am Ende).

Zitat: „Prostituierte gehören zu den am stärksten durch Gewalt und Ausbeutung gefährdeten Gruppen der Gesellschaft.“

Prostituierte sind keine homogene Gruppe. Zwangsprostitution, Kinderprostitution, sexualisierte Gewalt, Menschenhandel und Freiheitsberaubung sind Verbrechen und stellen die dunkle Seite der heutigen realen Prostitution dar. Diese Verbrechen gehören nach den bereits bestehenden Gesetzen bestraft. Das Vollzugsdefizit wird durch eine Kriminalisierung von Freiern nicht beseitigt. Das Gegenteil ist der Fall – die Präventionsarbeit wird erschwert, Übergriffe kommen seltener zur Anzeige. Darum hilft hier eher, großzügige Bleiberechtsregelungen und Schutzprogramme für die Opfer einzuführen und die Ermutigung zur Selbstorganisation, sowie einklagbare soziale Rechte und Mindeststandards für diese Arbeit zu regeln.

Es gibt aber auch die Prostitution, die freiwillig und zu weitgehend selbst gestalteten Bedingungen angeboten wird. Es ist eine Dienstleistung, die das menschliche Grundbedürfnis nach Sexualität abdeckt. Aus LINKER Sicht steht dem grundsätzlich nichts entgegen, es gelten dieselben Forderungen an gute Arbeit wie in anderen Berufen auch.

Wir leben in einer Gesellschaft, die sich Alltagsgewalt gegen Frauen und Kinder leistet und rassistische Gewalt gegen Geflüchtete und Eingewanderte.

Patriarchalische Gewalt gegen weibliche Prostituierte gibt es nicht, weil es Prostitution gibt, sondern weil wir in einer Gesellschaft mit patriarchaler Gewalt leben.

Zitat: „Stattdessen sind Minimalforderungen, auf die wir uns hoffentlich einigen können, mehr Ausstiegshilfen, psychosoziale Beratungsstellen, Sprach und Rechtskurse in geschützten Räumen und ähnliches.“

Ein erheblicher Teil der Prostituierten befindet sich in einer prekären Lebenssituation mit Hilfs- und Beratungsbedarf. LINKE Politik setzt sich sowohl für entsprechende Hilfsangebote ein als auch für die Verbesserung der Lebensbedingungen und ein Ende der Prekarität. Aber nicht alle Prostituierten leben prekär oder in Gewaltverhältnissen. Daher geht es nicht um grundsätzliche „Ausstiegshilfe“, sondern gezielte Stärkung von Selbsthilfe und Schutz, um eigene Entscheidungen zu ermöglichen

Und die allermeisten Menschen, die prekär oder in Gewaltverhältnissen leben, sind keine Prostituierten. Es braucht für alle von Gewalt und Prekarität betroffenen Menschen Hilfe und Unterstützung. Besonders betroffen sind z.B.: Geflüchtete, alleinerziehende Frauen, von Armut Betroffene, Frauen mit Gewalterfahrung etc.

Abgesehen davon wird durch die Forderung eines Sexkaufverbots kein einziger Schritt hin zu mehr Beratung getan. Eine stärkere Stigmatisierung führt zu größeren Hürden, Beratungsangebote in Anspruch zu nehmen.

Die Forderung nach einer Kriminalisierung von Freiern bedeutet zudem, mit politischen Kräften zusammenzuarbeiten, die hierbei nicht stehen bleiben wollen. Mit ihnen mag es ein Sexkaufverbot geben, nicht aber mehr Beratung. So wird momentan reihenweise Beratungsstellen und Selbsthilfeorganisationen in diesem Bereich die Gemeinnützigkeit aberkannt. Sie werden auch die direkte Kriminalisierung vorantreiben, wie es sie – auch das gehört zu Wahrheit – heute in Schweden gibt. War die politische Debatte bisher von liberalen Forderungen geprägt, erhält die Repression durch das „Schwedische Modell“ ein Comeback.

Zitat: „Prostitution ist keine Arbeit wie jede andere und wird dies auch nie sein. Das Zur-Ware-Machen des Körpers und der Sexualität ist eine besonders menschenfeindliche Form der Kommerzialisierung, die in der großen Mehrheit der Fälle traumatisierend wirkt. Prostitution ist psychisch und körperlich zerstörerisch.“

Die Tätigkeit von Sexarbeiter*innen pauschal als „zerstörerisch“ zu bezeichnen ist abzulehnen. Dies liefe darauf hinaus, einvernehmliche Sexualkontakte unter Erwachsenen unter Strafe zu stellen. Eine Argumentation, die an die Strafbarkeit homosexueller Sexualhandlungen vor Abschaffung des § 175 StGB anknüpft. Nicht zuletzt würde Sex zwischen Freiern und Sexarbeiter*innen, auch das ist nicht zutreffend, wegen des Merkmals „Entgeltlichkeit“ zu Gewalt stilisiert.

Zitat: „Die große Mehrheit der Prostitutierten bestätigt, dass sie beim Sex mit Freiern keine Lust empfinden – eher Ekel oder mit Hilfe von Drogen erlangte Gleichgültigkeit.“

Dass die Fließbandarbeiterin oder die Altenpflegerin große Lust bei ihrer Tätigkeit verspürt, ist zu bezweifeln. Ebenso wie eine Pflegerin, die sich vor Fäkalien ekelt, ist auch eine Prostituierte, die sich etwa vor Sperma ekelt, in einer belastenden Berufssituation.

Ein Unterschied besteht allerdings darin, dass SexarbeiterInnen nicht nur die eigene Arbeitskraft, sondern den Nutzen am eigenen Körper verkaufen, was ungleich intimer ist. Gerade weil Sexarbeit von einem Teil der Prostituierten selbst als entwürdigend wahrgenommen wird, darf ihnen das Leben nicht zusätzlich durch die mit dem Schwedischen Modell oder anderen Restriktionen verbundenen Repressionen und Ausgrenzungen erschwert werden sondern es muss soweit wie möglich für ihren Schutz und bessere Arbeitsbedingungen eingetreten werden.

Als LINKE setzen wie uns für umfassende soziale Sicherheit und Bildung und eine freie Berufswahl ein.

Zitat: „Durch den Akt des Kaufes verkommt der Körper zu einer Ware. Die Prostituierte hat als Objekt ohne eigene Bedürfnisse die Lust des Käufers zu befriedigen.“

Bei jeder Arbeit im Kapitalismus verkaufen die abhängig Beschäftigten ihre Ware Arbeitskraft, also auch ihren Körper. Im Schacht, am Hochofen, am Band, in der Pflege, auf dem Müllwagen, im Friseursalon. Und bei jeder Annahme einer Arbeit ist die Freiheit bei der Wahl je nach sozialem Stand stark eingeschränkt.

Insbesondere der weibliche Körper wird im patriarchalen Kapitalismus in unterdrückender und diskriminierender Weise als Ware gehandelt. Wir leben heute in einer Gesellschaft, in der Sexismus, also die Diskriminierung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts, alles durchdringt. Kapitalistische Privatisierung und die kommerzialisierte Kulturindustrie stellen patriarchale Normen und Bilder bis in den letzten Winkel des Lebens durch.

Als LINKE Partei mit feministischem Anspruch ist es eine der großen Herausforderungen der Gegenwart Antworten auf die heutigen Formen der sexuellen Unterdrückung zu geben.

Die uralte und konservative Ablehnung von Sexkauf ist dabei nicht hilfreich. Unsere gemeinsame politische Arbeit für soziale Sicherheit, Gleichberechtigung und Emanzipation, für Würde und Selbstbestimmung lässt sich nicht in der Ablehnung von Prostitution bündeln. Diese Ablehnung verbessert nicht die Situation derer, die von Ausbeutung und Gewalt betroffen sind. Hier werden wir weiterhin auf vielen Baustellen ringen müssen für die Rechte von Mädchen und Frauen, von Eingewanderten und Armen.

Eine solche Ablehnung beinhaltet bereits Diskriminierung, Stigmatisierung und Ausgrenzung von allen, die zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse entsprechende Dienstleistungen in Anspruch nehmen bei solchen, die entsprechende Dienstleistungen freiwillig anbieten.

Matthias W. Birkwald (KV Köln, MdB)
Anna Conrads (KV Duisburg)
Ulla Jelpke (KV Dortmund, MdB)
Marc Mulia (KV Oberhausen, Bundesausschuss)
Jasper Prigge (KV Essen, Mitglied im Landesvorstand)
Sascha H. Wagner (KV Wesel, Landesgeschäftsführer)
Kathrin Vogler (KV Steinfurt, MdB)
Hubertus Zdebel (KV Münster, MdB)

Wir verweisen zum Weiterlesen auf:

·       http://blog.kerstenartus.info/linke-moral-und-prostitution/http://blog.kerstenartus.info/linke-moral-und-prostitution/

·       http://missy-magazine.de/wp-content/uploads/2014/02/Dodillet_Oestergren_Das_schwedische_Sexkaufverbot.pdfhttp://missy-magazine.de/wp-content/uploads/2014/02/Dodillet_Oestergren_Das_schwedische_Sexkaufverbot.pdf

·       Beschluss der Bundestagsfraktion vom 14.10.2014 zum geplanten „Prostitutionsschutzgesetz“http://www.linksfraktion.de/positionspapiere/position-bundesregierung-geplanten-prostitutionsschutzgesetz/

DIE LINKE in NRW stark machen

Ein Neujahrsgruß von Landesgeschäftsführer Sascha H. Wagner

Liebe Genossinnen und Genossen,

für DIE LINKE stehen in diesem Jahr große Herausforderungen an. Nicht nur in Nordrhein-Westfalen heißt es als LINKE Mut und Widerstand gegen die Parolen und Ressentiments der HOGESA und PEGIDA-Bewegungen zu zeigen. Der Landesvorstand ruft Euch daher auf, am kommenden Montag sowohl in Düsseldorf, als auch am 18. Januar in Essen, Flagge zu zeigen und sie nicht durchkommen zu lassen! Mobilisiert was das Zeug hält uns sagt damit laut: „NRW ist bunt statt braun!“

Gerade jetzt nach den schrecklichen Ereignissen in Frankreich, ist dies Wasser auf die Mühlen derjenigen, die in Reihen von Nazis, AfD und anderen Hetzern neue Feindseligkeiten gegenüber dem Islam und anderen Gruppen schüren wollen. Wir  als LINKE in  NRW sagen laut NEIN! 

Natürlich haben wir als LINKE auch die Aufgabe, nicht nur auf die Ereignisse in NRW zu schauen. In Hamburg und Bremen finden in diesem Jahr die Bürgerschaftswahlen statt. Unsere Genoss*innen dort werden jede helfende Hand brauchen, um wieder dafür Sorge zu tragen, dass die beiden Stadtstaaten wieder mit einer starken LINKEN sozialer werden. Also versucht zu helfen! Sei es durch persönlichen Wahlkampfeinsatz vor Ort, mit Spenden oder sonstigen Aktivitäten wie z.B. in den sozialen Netzwerken. Und da wir gerade von Wahlen sprechen: Tsipras und unsere Schwesterpartei Syriza stehen in Griechenland vor gewaltigen Herausforderungen, die durch die Troika-Politik über das Land gebracht wurden. Bei einem Wahlsieg der LINKEN dort, werden auch wir hier vor Ort aufgefordert sein, Erklärungen und Überzeugungsarbeit auf der Straße zu leisten. Scheitert Tsipras, scheitern wir alle! Daher lasst uns auch hier so viel solidarische Unterstützung aufbringen wie nur irgend möglich. Redet mit Euren Kreisverbänden ob Ihr ggfs. in Euren Geschäftsstellen für die griechischen Communitys am Wahlabend kleine Partys o.ä. organisieren könnt. Zeigt Euch auch hier solidarisch! 

Wenn wir den Blick in die Partei wenden, so stehen wir auch hier vor vielerlei Aufgaben. Es gilt, die Partei in der Fläche zu stärken und den Parteiaufbau weiterhin über Inhalte und Diskussionen, aber auch Taten aufzubauen. Wir wollen gemeinsam um neue Mitglieder werben, die sich vor Ort in Deinem Ortsverband einbringen und engagieren, wissend, dass die Partei auch mal für Enttäuschungen sorgt.

Mit der bundesweiten Kampagne „Das muss drin sein!“, wollen wir gemeinsam versuchen, wieder mehr Einfluss auf den gesellschaftlichen Diskurs in den Fragen der sozialen Gerechtigkeit und der Umverteilung zu nehmen. Dies wird ein schwieriges Unterfangen sein und dafür brauchen wir jede/n Einzelne/n. Die Partei insgesamt muss in Nordrhein-Westfalen wieder stärker werden. Wir haben bei einem gehörigen Anteil an Mitgliedern zum Jahreswechsel den Austritt feststellen müssen. Wir wissen, dass vieles aber auch am persönlichen Kontakt vor Ort liegt. Unsere Bemühungen müssen sich insgesamt mehr um die Frage der Mitgliedergewinnung und -begleitung drehen. Einzelne in einem Kreisverbandsvorstand können das nicht leisten. Sie brauchen Hilfe und Unterstützung, auch und gerade außerhalb von Wahlkämpfen. Im Rahmen der bevorstehenden Regionalkonferenzen in Nordrhein-Westfalen wollen wir gemeinsam mit Euch, mit Dir, über die Weiterentwicklung der Strukturen und der Partei offen diskutieren. Einen Überblick zu den Regionalkonferenzen in Deiner Nähe findest Du auf den Terminseiten des Landesverbandes.

In diesem Sinne wünsche ich Euch  

Ein friedliches, gesundes und kämpferisches Jahr 2015!

Warum ich für den Kreistag Wesel kandidiere

Liebe Genoss*innen,

hiermit bewerbe ich mich um den Platz 1 der Reserveliste für den Kreistag Wesel.

Die Kommunalpolitik ist das härteste Brot in der Politik, so sagt man. Dennoch liebe ich es die Politik in unserem Lebensumfeld für die Verbesserung der Lebensverhältnisse von vielen Menschen, denen es nicht nur gut geht, mitzugestalten und für bessere Lebensumstände zu kämpfen.

Im Kreis Wesel haben wir es leider nicht geschafft, nach der  Kommunalwahl Kreispolitik im linken Sinne zu entwickeln. Damit dies anders wird, bitte ich um Euer Vertrauen und Eure Hilfe im Wahlkampf, eine solidarische, soziale und gerechte Politik für die Mehrheit der Menschen in unserem Niederrhein-Kreis, am Rande des Ruhrgebietes, zu gestalten. Ich will für unsere Kernbotschaften  unseres Kreiswahlprogramms und für eine echte Alternative zu der neoliberalen Agenda-Politik der anderen Parteien streiten und in einem guten Team im Kreistag unser Bild einer solidarisch gelebten Gesellschaft in guter Vernetzung zu unseren Ratsfraktionen in den einzelnen Städten und Gemeinden im Kreis Wesel darstellen und weiterentwickeln.

Daher soll es mir im Kreistag nicht nur darum gehen im Kommunalparlament zu versinken, sondern auch weiterhin die sozialen Bewegungen und täglichen Arbeitskämpfe auf der Straße sichtbar zu machen um dabei den Parteiaufbau im Kreisverband Wesel nicht außer Acht zu lassen. Denn nur beides miteinander verknüpft kann unserem Anspruch einer sozialistischen Organisation und einem demokratischen Lebensentwurf gerecht werden. Daher bin ich in der Vergangenheit ein strikter Verfechter von Mandatsträgerabgaben an die Partei gewesen und werde das auch in Zukunft sein. Die Partei kann sich nur weiterentwickeln, wenn wir gemeinschaftlich  und solidarisch agieren. Daher müssen wir Strukturen aufbauen, die es uns ermöglichen die Partei für die Bedürfnisse und Belange der Menschen erfahrbar zu machen. Denn: „Wer die Gerechtigkeit biegt, bricht sie!“

HIER MEINE SCHRIFTLICHE BEWERBUNG

Die Kampagne zur Bundestagswahl

Bundesparteitag in Dresden

100% SOZIAL - LINKES WAHLPROGRAMM VERABSCHIEDET

Soziale Gerechtigkeit - das ist das Motto des Wahlprogramms, das die mehr als 500 Delegierten des LINKEN-Parteitages am Wochenende mit großer Mehrheit beschlossen haben. Wichtige Forderungen sind beispielweise ein Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde, eine sanktionsfreie Mindestsicherung statt Hartz IV, eine Mindestrente von 1.050 Euro und eine höhere Besteuerung von großen Einkommen und Vermögen.
Zum Wahlprogramm
Videomitschnitte ausgewählter Reden
NRW-LINKE geht optimistisch in den Wahlkampf

Bilder vom Bundesparteitag

Wagner zieht für DIE LINKE in den Wahlkampf

LINKE fordert eine Agenda Sozial

Mit einem Stimmenanteil von 93,33% wurde auf der Wahlversammlung der Kreis-LINKEN der amtierende NRW-Landesgeschäftsführer und Landeswahlkampfleiter Sascha H. Wagner, bei nur einer Enthaltung einstimmig zum Direktkandidaten der LINKEN im Wahlkreis 113 - Wesel I gewählt.

In seiner Antrittsrede machte der Dinslakener auf die drohende Gefahr einer Agenda2020-Politik der vier austauschbaren Parteien aufmerksam. Der zukünftige Kurs der anderen Parteien, ziele deutlich auf eine Politik der sozialen Ausgrenzung ab. Anstatt weiterer Kürzungsorgien und ungerechter Verteilung brauche die Bundesrepublik eine „Agenda Sozial“ mit einer gerechten Umverteilung von oben nach unten. Wagner freut sich auf die direkte Auseinandersetzung mit den anderen KandidatInnen im Wahlkreis Wesel I. „Ich werde die MitbewerberInnen bei jeder Gelegenheit an ihre gebrochenen Wahlversprechen und die unsoziale Agenda-Politik erinnern“, so Wagner, der nocheinmal daran erinnerte, dass die rot-grüne Agenda-Politik im zehnten Jahr ihres Bestehens die Schere zwischen Arm und Reich durch das geschaffene Hartz IV-System nur verschärft haben. Nur durch DIE LINKE seien Themen wie Mindestlohn, Umverteilung und eine deutliche Friedenspolitik im Land thematisiert worden. „Daran werden wir uns im Wahlkampf mit deutlichen Forderungen Gehör verschaffen“, so der gebürtige Essener abschliessend.

Auf der nachfolgenden Kreismitgliederversammlung gab der NRW-Landesgeschäftsführer Wagner einen Überblick über die gemeinsamen Anstrengungen im Bundestagswahlkampf. Dem schloss sich eine angeregte Debatte zum Bundestagswahlkampf an, in der die Schwerpunktthemen wie soziale Gerechtigkeit, Mindestlohn und Frieden eindringlich diskutiert wurde. Insgesamt zeigte sich die Mitgliedschaft hochmotiviert im Flächenkreis einen deutlich sichtbaren Bundestagswahlkampf zu gestalten. Kreissprecherin Ingeborg Lay-Ruder bekräftigte, dass sich nach den personellen Schwierigkeiten in der Vergangenheit im Flächenkreis Wesel eine bedeutend bessere Zusammenarbeit gäbe. „Das Ziel müsse es sein die Menschen zu erreichen, die eine Hoffnung auf ein gutes Leben für Alle haben nicht aufgegeben haben“. WEITERLESEN...

Thesen für einen kollektiven Aufbau der LINKEN NRW

Ein Nachtrag zur NRW-Landtagswahl 2012

Auf der Klausurtagung im Herbst 2012 legte ich dem NRW-Landesvorstand ein erstes Thesenpapier zum Parteiaufbau in NRW vor.

In der Regel sind die Mitgliederversammlungen geprägt von organisatorischen und formalen Debatten. Das ist für viele (gerade für neue Mitglieder) unattraktiv. Diese politische Praxis erschwert den Parteiaufbau erheblich, da sie demobilisierend wirkt. Die Mitgliederversammlungen müssen Ort der politischen Debatte und des Austausches sein. Mitglieder müssen gerne dorthin kommen. Die Mitgliederversammlungen müssen daher einen politischen Debattenschwerpunkt haben. Zur Einleitung bieten sich vorbereitete Inputs an, um die Debatte anzustoßen. Formaldebatten & kleinteilige Organisatorische-Fragen sollten von den Mitgliederversammlungen, in die Vorstände verlagert werden und nur, wenn nicht anders möglich in den Mitgliederversammlungen nach der politischen Debatte geführt werden.

Das gesamte Papier kann man hier nachlesen